Rückschau: Leipzigs erste Faire Modewoche

Im September 2020 fand erstmalig die Faire Modewoche Leipzig statt. Aktionstage für interdisziplinäre Zusammenarbeit, Vernetzung, Austausch und Weiterbildung zum Thema Slow Fashion und Mode-Aktivismus in Leipzig.

Mit zahlreichen und vielseitigen Veranstaltungen zeigte die Faire Modewoche Leipzig, wie sich LeipzigerInnen tiefgreifender mit den verschiedenen Aspekten von Fair Fashion beschäftigen können. Ob Slow-Fashion aus und in der Region, Diskussionsrunden mit PionierInnen der Fairen Mode in Deutschland, oder auch das Sichtbarmachen globaler Zusammenhänge und Auswirkungen von Fast Fashion auf Mensch und Umwelt.

Viele unterschiedliche Akteure brachten ihre Expertise ein. Mit einem umfangreichen Programm haben wir neugierig gemacht, aufgeklärt und informiert, aber auch diskutiert und Handlungsmuster aufgezeigt. Wir konnten uns gemeinsam austauschen und die Vernetzung von Menschen fördern, die Veränderung gestalten wollen. Hin zum Schutz aller Ressourcen in der textilen Lieferkette: Umwelt, Natur und Mensch.

Fair Fashion Stadtführung mit Konsum Global und Kinoabend mit GlobaLE

Die Woche begann mit dem positiv Stadtrundgang von Konsum Global. Eine Gruppe junger Menschen fand sich im Herzen der Stadt zusammen und folgte aufmerksam und inspiriert der Führung von Marcel Pruss durch die Leipziger Innenstadt. Es wurden Wirtschaftskonzepte, die hinter Fast Fashion stehen und der damit verbundene Raubbau an Natur und die damit verbundene Verletzung von Menschenrechten erläutert. Die InteressentInnen bekamen zusätzlich einen guten Überblick über alternative Konzepte und von Geschäften mit Slow Fashion und ökofairer Mode im Sortiment.

Beim Kinoabend im Lindenauer Neuen Schauspiel kooperierten wir mit dem Dokumentarfilm-Festival GlobaLE. Gemeinsam feierten wir eine Leipziger Filmpremiere und zeigten den mehrfach ausgezeichneten Film „River Blue“ von dem amerikanischen Flussaktivisten Mark Angelo und dem Dokumentarfilmer Roger Williams. Sie thematisieren den verantwortungslosen Umgang der global agierenden Textil- und Färbeindustrie mit der Umwelt. In eindrücklichen Bildern konnten die ZuschauerInnen sich ein Bild machen, wo soziale Missstände und Ungerechtigkeiten mit Umweltverschmutzung Hand in Hand gehen und billigend in Kauf genommen werden. Vom Ganges über den River Los Angeles oder die Flusstäler Chinas. Ein für die Zuschauer absolut erschütterndes Bild zeigte sich am Fluss Buriganga, der durch das Fast Fashion Epizentrum Dhaka fließt und nur noch giftig blubbert. Eindrucksvoll war auch die Selbstkritik des französischen Designers, der in den 1980er Jahren das hochgiftige Verfahren für den Trend von Stonewashed Jeans erfunden hat. Er selbst zeigte sich überrascht und erschüttert, was für verheerende Auswirkungen seine Kreativität für Mensch, Natur und Umwelt hatte. Aber es wurde auch gezeigt, wie er heute zusammen mit italienischen Designern ein neues ökologisch unbedenkliches Verfahren zur Veredelung von Jeansstoffen mit Muschelkalk auf den Weg bringt. Man spürte richtig seine Hilflosigkeit, aber auch sein Verantwortungsbewusstsein, den Wandel zu unterstützen. Es gab also viele Anstöße für das anschließende Publikumsgespräch mit VertreterInnen vom Fair Fashion Lab und der Kampagne für Saubere Kleidung. Es wurde vor allem das brandaktuelle Thema Lieferkettengesetz in Deutschland diskutiert und aufgezeigt, sowie wo und wie man sich bei uns vor Ort engagieren kann.

Paneldiskussion im Werk II mit VertreterInnen der deutschen Sustainable Fashion Bewegung

Auf großem Podium im Werk II organisierten wir eine interdisziplinäre Paneldiskussion mit VorreiterInnen und wichtigen VertreterInnen aus Wissenschaft und Wirtschaft mit dem provokanten Titel: „Grüne Mode – Versprechen oder Utopie?“. Dabei waren diese inspirierenden VorreiterInnen aus der ganzen Republik.

Ben Itter – Co-Founder von Lebenskleidung – einem Unternehmen, das Stoffe aus 100% GOTS – zertifizierter Baumwolle herstellen und verarbeiten lässt
Magdalena Schaffrin – Kreativdirektorin der Neonyt, Beraterin und Autorin
Lavinia Muth – Managerin Unternehmensverantwortung des öko-fairen Labels Armedangels
Lena Hampe – Projektmanagerin “Green Fashion Challenge App” am Zentrum für nachhaltige Wirtschaft der Leuphana Universität Lüneburg
Thekla Wilkening – Mitgründerin Kleiderei – dem ersten Store mit Mietkonzept für Bekleidung in Deutschland, Beratung zum Thema Circular Economy

Motivierend und gar nicht immer einig diskutierten sie die Herausforderungen nachhaltiger Produktion und alternative Konsummöglichkeiten von Bekleidung. Die übergeordnete Fragestellung lautete: Welche Verantwortung tragen die unterschiedlichen AkteurInnen und wie können sie dieser gerecht werden?

(Diese Diskussion wurde professionell aufgezeichnet und wird im April zur Fashion Revolution 2021 über den youtube Kanal der Fashion Revoltion Bewegung veröffentlicht.)

Am Freitag haben sich AktivistInnen ganz im Stil der Fashion Revolution in der Leipziger Innenstadt mit dem Aufruf zum Apell #whomademyclothes, an PassantInnen gewandt. Die weltweite Fashion Revolution Bewegung wurde von alarmierten DesignerInnen aus der ganzen Welt ins Leben gerufen und appeliert seit dem Rana Plaza Unglück am 24. April 2013 an die KonsumentInnen von Mode, zu hinterfragen, woher ihre Kleidung kommt und wer sie wie gemacht hat. Mit einem künstlerisch inszenierten Kleiderständer und Infoflyern wurden Vorbeilaufende auf die Missstände, Menschenrechtsverletzungen und den Raubbau an der Natur durch Fast Fashion Konzerne aufmerksam gemacht.

Fashion Revolution Night #2
Slow Fashion Modenschau – Schmück Dich fair Wettbewerb – Siebdruck mit Pflanzenfarben

Unter strikten Coronavorkehrungen fand geschützt von den Mauern der Leipziger Moritzbastei, die angeblich schon Goethe besuchte, die zweite Leipziger Fashion Revolution Night statt. Siebdruck mit Pflanzenfarben und die Ausstellung des vom Fair Fashion Lab kuratierten und organisierten Schmuckwettbewerbs „Schmück Dich fair 2020“ mit 15 Exponaten aus ganz Deutschland konnte man erleben. Höhepunkt war die spektakuläre Modenschau regionaler DesignerInnen, Modeschaffenden und Slow-Fashion HändlerInnen. Hier sprechen die Bilder für sich! Das Publikum war begeistert! Die Modenschau wurde über Instagram übertragen, den Film könnt ihr Euch auf dem Profil des Fair Fashion Lab ansehen. Wer noch warten kann, wird auch hier belohnt. Denn für dieses Spektakel, der Fashion Revolution Show Leipzig wurde ein hochkarätiges Künstlerkonsortium aktiv. DJ Freekee, der Maler Floyd Mayweather und ein Team von Filmemachern erschaffen einen Modenschauclip, der im April 2021 zur Fashion Revolution Week über die digitalen Kanäle des Fair Fashion Lab veröffentlich wird.

Am Sonntag stellten AktivistInnen aus Serbien und Kroatien, der Kampagne für Saubere Kleidung, unterstützt vom Team rund um Bettina Musiol aus dem Entwicklungspolitischen Netzwerk Sachsen, die Studie „Ausbeutung Made in Europe“ vor. Es wurden die ganz konkreten und nachvollziehbaren Auswirkungen der textilen Produktion auf die Bevölkerung aufgezeigt. In der Coronakrise wurde trotz Lockdown weiter produziert, auch für deutsche Unternehmen. Dies hat die rasante Verbreitung des Coronavirus in einer ganzen Regionen bewirkt. Für mehr entwicklungspolitisches Engagement und Qualifizierung in diesem Bereich sorgt die Faircademy. Diese richtet sich an alle, die sich für Aufklärungsarbeit und das Verständnis von globalen Strukturen interessieren und sich einsetzen wollen. Die nächste Faircademy startet im Herbst 2021.

WOW, was für eine Woche! Wir machen weiter!

Danke an die deutschlandweite Kampagne Faire Woche. An unsere FotografInnen (fotostoff.de, Mike Nagler, FFL), all die ehrenamtlich Engagierten, die aktiv dabei waren und den Fördertopf des Fonds #tatenfuermorgen. Danke auch dem Team des Fair Fashion Lab Leipzig, Konsum Global, dem Entwicklungspolitischen Netzwerk Sachsen, GlobaLE, Eine Welt e.V. Leipzig der Moritzbastei Leipzig, dem Werk II, der Stadt Leipzig und allen Mitwirkenden DesignerInnen, HändlerInnen und AktivistInnen.